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    Mütterschulungskurs des Deutschen Frauenwerks, 1940

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Die NS-Frauenpolitik

Die Frauenpolitik des NS-Regimes zeichnete sich durch die breite organisatorische Erfassung und politische Integration der Frauen in den Staat aus. 1939 gehörten 12 Millionen Frauen mindestens einem der zahlreichen NS-Verbände an und stabilisierten damit das nationalsozialistische System. Sie wurden instrumentalisiert, um durch sozialfürsorgerische Maßnahmen das Ansehen der NSDAP zu erhöhen und durch Arbeitseinsätze die wirtschaftliche Kraft des Staates zu steigern. Außerdem sollten sie in weltanschaulichen Kursen, die auf Frauenthemen zugeschnitten waren, die NS-Ideologie weiter verbreiten.

 

Die "natürliche" Hauptaufgabe der Frauen bestand nach Ansicht der Nationalsozialisten darin, möglichst viele Kinder zur Welt zu bringen, die zur Ausbreitung der "arischen Rasse" beitrugen. Daher wurden positive Anreize wie steuerliche Begünstigungen und das Mutterkreuz geschaffen, um die Gebärfreudigkeit zu erhöhen. Gleichzeitig sollte der Nachwuchs im Sinne des Nationalsozialismus versorgt und erzogen werden. Um die Familie als Keimzelle der Nation zu stärken, wurde eine Professionalisierung der Tätigkeiten als Hausfrau und Mutter angestrebt. Die Frauenorganisationen übernahmen daher sowohl die Mütterschulung als auch die Förderung und Pflege der "völkisch-rassischen Gesundheit" als zentrales Aufgabenfeld.

1923 entstanden im Umfeld der NSDAP Zusammenschlüsse von Frauen, die eng mit den Ortsgruppen der Partei kooperierten. Eine dieser frühen Gruppierungen war der von Elsbeth Zander (1888-1963) gegründete und geleitete Deutsche Frauenorden (DFO), der 1926 als Frauenorganisation der Partei anerkannt und 1928 als Gliederung in die NSDAP aufgenommen wurde. Nachdem die Einheit der Frauenvereine als Leitlinie der NS-Frauenpolitik beschlossen wurde, kam es 1931 zur Auflösung des DFO und aller anderen Frauenorganisationen zugunsten der Neugründung NS-Frauenschaft (NSF). Im Zuge dieser Umgestaltung wurden die Autonomie der Frauengruppen eingeschränkt und die Bindung an die Partei verstärkt. Sämtliche Leiterinnen auf den höheren und mittleren Verbandsebenen wurden von männlichen Parteifunktionären berufen.

Durch die überproportionale Zunahme weiblicher NSDAP-Mitglieder von 1930 bis 1933 entstand ein parteiinterner Machtkampf um die Frage der Ausrichtung und Anbindung der Frauenarbeit, der im April 1933 zugunsten einer engeren Verknüpfung von Frauenschaft und NSDAP entschieden wurde. Daher wurde die Reichsleiterin des Bundes Deutscher Mädel (BDM) Lydia Gottschewsky (1906-1989) als neue Leiterin der NS-Frauenorganisationen berufen. Sie sollte die Unstimmigkeiten zwischen NSF und Hitlerjugend (HJ), der über den BDM alle nationalsozialistischen Mädchen angeschlossen waren, über die prinzipielle Zuständigkeit für Mädchengruppen schlichten. Im Mai 1933 gründete sie in Anlehnung an die Deutsche Arbeitsfront (DAF) die Deutsche Frauenfront (DFF), die als Dachverband der Gleichschaltung aller Frauenorganisationen dienen sollte. Einen Monat später kam es zu einer neuen Zersplitterung, als die "Referentin für Frauenfragen" des Reichsinnenministeriums Paula Sieber (*1893) die Reichsarbeitsgemeinschaft Deutscher Frauenverbände (RAG) gründete. Die RAG hatte ebenfalls den Zusammenschluss der Verbände zum Ziel, legte aber noch stärkeres Gewicht auf die Einhaltung der Parteilinie.

Schließlich wurden beide Frauenorganisationen DFF und RAG vereinigt und unter dem Namen Deutsches Frauenwerk (DFW) der NSDAP angegliedert. Da die Leitungsfunktion mit einem Mann besetzt wurde, setzte jedoch eine Protestwelle der Nationalsozialistinnen ein, die eine Frau auf diesem Posten bevorzugten und in dieser Frage ein breites Bündnis eingingen. Der Leiter des Zentralbüros der Frauenschaften und Hauptamtsleiter der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV) Erich Hilgenfeldt erhielt daraufhin von Rudolf Heß den Auftrag, entweder eine geeignete Frau mit der Führung von NSF und DFW zu betrauen oder die Frauenorganisationen aufzulösen und die Frauenarbeit in die NSV zu integrieren.

1934 ernannte Hilgenfeldt die relativ unbekannte Gertrud Scholtz-Klink, die sich um den Aufbau der NSF in Baden und Hessen verdient gemacht hatte, zur Führerin der Frauenorganisationen. Scholtz-Klink verstand es in ihrer Amtszeit, die bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs andauerte, auftretende Kompetenzstreitigkeiten nicht öffentlich werden zu lassen. Neben der Leitung der NSF und des Dachverbands DFW übernahm sie nach kurzer Zeit auch den Vorsitz des Frauenamts der DAF und des Reichsfrauenbunds des gleichgeschalteten Deutschen Roten Kreuzes (DRK). Gegen Ende August 1934 schien die Volksgemeinschaft der Frauen realisiert zu sein, und Scholtz-Klink ließ verkünden, alle noch bestehenden Frauenverbände arbeiteten unter der Führung einer Frau zusammen.

Die Struktur des Frauenverbandwesens und die Zuordnung von Kompetenzen untereinander ergab sich aus der Organisation der NSDAP. Die NSF gehörte wie die HJ oder die Schutzstaffel (SS) durch ihren Status als Gliederung der Partei zu den sechs direkten Unterorganisationen der NSDAP. Diesen unmittelbaren Parteiorganisationen standen acht angeschlossene Verbände der Partei gegenüber, zu denen neben der DAF oder der NSV auch das DFW gehörte. Das DFW übte in dieser Position die allgemeine Reichsfrauenführung auf breiterer Ebene aus. In ihm waren sowohl Einzelpersonen als auch Organisationen unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppen Mitglieder, wie das Evangelische Frauenwerk, die Schwesternschaften des DRK oder der Reichsbund der deutschen Hausfrauen. Außerdem gab es zahlreiche Querverbindungen, zum Beispiel über das "Hilfswerk Mutter und Kind" zur NSV oder durch den "Lebensborn e.V." zum Rassenpolitischen Amt der NSDAP.

Dieser Text basiert in weiten Passagen auf Leonie Wagner: Nationalsozialistische Frauenansichten. Weiblichkeitskonzeptionen und Politikverständnis führender Frauen im Nationalsozialismus. Frankfurt/Main 1996 (2. Aufl. Berlin 2010).

Michaela Kipp
12. September 2000

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