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    Lion Feuchtwanger, vor 1933

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Lion Feuchtwanger: Die Geschwister Oppenheim

Seinem zweiten Roman, "Die Geschwister Oppenheim", der zwischen November 1932 und Spätsommer 1933 spielt, gab Feuchtwanger später den Titel "Die Geschwister Oppermann". Die Angehörigen einer jüdischen Großbürgerfamilie in Berlin erleben die Konsequenzen der nationalsozialistischen Machtübernahme im Januar 1933. Unter ihnen ragt der 50jährige Gustav Oppenheim hervor, Seniorchef eines großen deutschen Möbelhauses und zugleich Schriftsteller; an ihm werden die einzelnen Stadien der einsetzenden Judenverfolgung am intensivsten widergespiegelt. Er kehrt, zu politischer Aktion entschlossen, im Sommer 1933 mit einem falschen Paß aus dem Exil nach Deutschland zurück, um die Unmenschlichkeit des NS-Regimes aufzudecken, wird verhaftet und stirbt kurz nach seiner Entlassung aus dem Konzentrationslager (KZ) an den Folgen der dort erlittenen Mißhandlungen. Gustav Oppenheims "Geschwister" (seine Brüder Martin, der das großväterliche Unternehmen leitet, und Edgar, Professor an einer Klinik, sowie seine Schwester Klara, deren östjüdischer Mann, Jacques Lavendel, gleichfalls im Familienbetrieb tätig ist) werden schließlich zur Emigration gezwungen. Die Auseinandersetzung des Oberschülers Bertold Oppenheim mit dem Nazi-Lehrer Vogelsang illustriert drastisch die damaligen Schulverhältnisse: Berthold begeht am Ende Selbstmord.

Der Roman reiht einzelne Episoden oft rein assoziativ oder auch abrupt aneinander, fällt zuweilen in trocken-nüchterne Berichterstattung und überzeichnet einige Figuren karikaturistisch, zumal die Prototypen der Nationalsozialisten. Aber der kämpferische Wille des Autors, die Perfide des Regimes zu durchschauen und sie am Beispiel der jüdischen Minderheit modellhaft zu entlarven, macht das Buch zu einer dramatischen Anklageschrift.

(Kindlers Neues Literaturlexikon, Kindler Verlag, München)

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