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    Propagandistische Literatur der Aktion "Sendet Bücher an die Front" im Schaufenster einer Buchhandlung in Dresden, 1940

> NS-Regime > Kunst und Kultur

Die Reichsschrifttumskammer

Die am 1. November 1933 im Zuge der "1. Verordnung zur Durchführung des Reichskulturkammergesetzes" gegründete Reichsschrifttumskammer (RSK) bildete eine von sieben Einzelkammern der unter Leitung von Joseph Goebbels stehenden Reichskulturkammer. Sie umfasste sechs Abteilungen, wobei die erste der Verwaltung, die zweite der beruflichen, rechtlichen und sozialen Betreuung der Schriftsteller, die dritte dem Buchhandel, die vierte den literarischen Vereinen und Vortragsveranstaltungen, die fünfte den öffentlichen und fachlichen Bibliotheken und die sechste der Befassung mit den Handbüchern und Nachschlagewerken galt. Bis zum 3. Oktober 1935 hatte Hans Friedrich Blunck (1888-1961) das Amt des Kammerpräsidenten inne, sein Nachfolger wurde Hanns Johst.

Die RSK sollte der "Freihaltung des Schrifttums von ungeeigneten und unzuverlässigen Elementen" dienen. Damit war sie für die Säuberung von allen "artfremden" und "volkschädlichen" Schriftstellern verantwortlich und wirkte entscheidend bei der Gleichschaltung der deutschen Literatur mit. Um ihren Beruf weiter auszuüben zu können, hatten alle im Literatursektor Tätigen laut Anordnung vom 30. Juli 1934 eine Mitgliedschaft in der RSK nachzuweisen. Letztere wurde nicht an Personen vergeben, die den Ariernachweis nicht erbringen konnten oder gegen die nationalsozialistische Ideologie verstoßen haben. Für den Buchhandel richtete die RSK 1935 eine "Reichsschule des Deutschen Buchhandels" ein, die die Lehrlinge vier Wochen lang zu besuchen hatten. Damit sollte die Ausrichtung der zukünftigen Mitglieder der RSK auf die NS-Ideologie erzielt werden.

Für mit der NS-Kunstpolitik nicht konform gehende Literaten bot sich im NS-Regime kaum eine Möglichkeit zur Fortsetzung ihrer Arbeit. Sämtliche Veröffentlichungen im Deutschen Reich sollten vor ihrer Verbreitung einer politischen Prüfung unterzogen werden. Da die RSK eine lückenlose Überwachung des Literatursektors nicht absichern konnte, wurden Verleger und Buchhändler mit der "Anordnung zum Schutze der verantwortlichen Persönlichkeit im Buchhandel" von März 1939 für das bei Ihnen veröffentlichte und vertriebene Schrifttum in die politische Verantwortung genommen.

Antje Stier
8. September 2015

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