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Präsidialkabinette

Am 27. März 1930 scheiterte die vom Sozialdemokraten Hermann Müller geführte Koalitionsregierung an der Frage einer Beitragserhöhung der Arbeitslosenversicherung um einen halben Prozentpunkt. Der Rücktritt der Regierung offenbarte die Unfähigkeit der politischen Parteien der Weimarer Republik, sich selbst angesichts der Weltwirtschaftskrise auf einen Kompromiss zu verständigen. Den vom Reichskanzler erhofften Weg aus der Krise durch einen Rückgriff auf den Artikel 48 der Weimarer Verfassung verweigerte der Reichspräsident Paul von Hindenburg.

Schon seit Ende 1929 hatte Hindenburg sich mit seinen Beratern Gedanken über eine Regierung gemacht, die nicht mehr von den Mehrheitsverhältnissen im Parlament, sondern vom Vertrauen des Reichspräsidenten abhängig sein sollte. Der als Finanzexperte anerkannte Zentrumspolitiker Heinrich Brüning hatte sich gegenüber Hindenburg bereits vor dem Rücktritt der Regierung Müller mit der Bildung eines vom Reichspräsidenten abhängigen Kabinetts einverstanden erklärt und wurde am 29. März zum Reichskanzler ernannt.

Mit dem Kabinett Brüning begann die Verlagerung der politischen Macht vom Parlament zum Reichspräsidenten. Brüning setzte mit Notverordnungen sein wirtschaftliches Sparprogramm gegen den Mehrheitswillen des Parlaments durch und höhlte so das parlamentarische System weiter aus. Noch weniger parlamentarischen Rückhalt als Brüning hatten seine ebenfalls von Hindenburg eingesetzten Nachfolger Franz von Papen und Kurt von Schleicher. Auch die Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler verstand Hindenburg 1933 als Fortsetzung seiner Politik der Präsidialkabinette.

Rebekka von Mallinckrodt
27. Mai 2015

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