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Der Spartakusbund

Anfang 1915 formierte sich um Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg der radikale Kern der innerparteilichen Opposition gegen die sozialdemokratische Burgfriedenspolitik. Diese zunächst nach ihrer Zeitschrift "Die Internationale" benannte Gruppe bekannte sich zum sozialistischen Internationalismus und forderte die sofortige Einstellung aller Kriegshandlungen. Seit 1916 propagierte die Gruppe ihre politischen Ziele in den illegalen Spartakusbriefen. Die nun Spartakusbund genannte Gruppe schloss sich 1917 trotz politischer Differenzen der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei (USPD) an und ging zum Jahresende 1918 in der neu gegründeten Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) auf.

 

Schon das unmittelbar nach Beginn des Ersten Weltkriegs abgegebene einstimmige Votum der Reichstagsfraktion der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) zu den Kriegskrediten war in der Sozialdemokratie nicht unumstritten. Nach Auffassung der entschiedenen Anhänger der Sozialistischen Internationale hätte der Kriegsbeginn durch einen Generalstreik verhindert werden müssen. Untermauert wurde diese besonders von der Gruppe Internationale vertretene Position durch eine von Rosa Luxemburg während ihrer Berliner Haft 1915 verfasste Streitschrift. Die unter dem Anonym "Junius" herausgebrachte Broschüre verwarf die These vom aufgezwungenen Verteidigungskrieg und ging mit den am Krieg verdienenden Kapitalisten hart ins Gericht.

Um wieder in persönlichen Kontakt mit anderen Mitgliedern der Sozialistischen Internationale zu treten und um den proletarisch-internationalen Klassenkampf voranzutreiben, nahmen Anfang September 1915 zwei Vertreter der Gruppe Internationale an der Zimmerwalder Konferenz in der Schweiz teil. Hier wurde die Forderung nach einem Frieden ohne Annexionen unterstrichen und erneut zum internationalen Klassenkampf aufgefordert. Gemeinsam mit den im Schweizer Exil lebenden russischen Vertretern Leo D. Trotzki, Wladimir I. Lenin und Karl Radek bildete der Spartakusbund den linken Oppositionsflügel der Sozialistischen Internationale.

Am Neujahrstag 1916 hielt die Gruppe Internationale ihre erste Reichskonferenz ab und beschloss die Herausgabe einer illegalen Zeitschrift, die nach dem Führer des römischen Sklavenaufstands Spartakus benannt wurde. Um die nun als Spartakusbund bezeichnete Gruppe sammelten sich die Kräfte, die durch einen internationalen Klassenkampf den Frieden erzwingen wollten. Ende April 1916 unterstrichen die radikalen Sozialisten auf einer zweiten Konferenz in der Schweiz ihre Ablehnung "jeglicher Unterstützung der Kriegspolitik durch die Vertreter der sozialistischen Parteien". Als Liebknecht im unmittelbaren Anschluss an das Treffen in der Schweiz am 1. Mai auf dem Potsdamer Platz in Berlin eine Anti-Kriegskundgebung abhielt, wurde er verhaftet und im Juli vom Kriegsgericht zu mehreren Jahren Zuchthaus verurteilt. Da zeitgleich eine "Sicherheitsverwahrung" über Rosa Luxemburg verhängt wurde, gab Leo Jogiches die Spartakusbriefe heraus, in denen die aus dem Gefängnis geschmuggelten Beiträge Luxemburgs am meisten Aufmerksamkeit erzielten. Die illegalen Spartakusbriefe erhielten Anfang 1917 durch die Russische Februarrevolution zusätzlichen Auftrieb. In deutlicher Abgrenzung zu den als "Sozialpatrioten" bezeichneten Sozialdemokraten und den ebenfalls kritisierten Mitgliedern der USPD bekannte sich die Spartakusgruppe zwar zum russischen Bolschewismus und der Diktatur des Proletariats, verließ jedoch nicht das organisatorische Dach der USPD.

Ohne Verbindung zu den als "Wellenbrecher der Revolution" bekämpften Gewerkschaften blieb der Kreis überzeugter Spartakus-Anhänger trotz der seit 1917 deutlich intensivierten Agitation relativ klein. Vorrangig aus Intellektuellen wie Clara Zetkin, Franz Mehring und Paul Levi (1883-1930) bestehend, hatte der Spartakusbund auf die große Streikbewegung vom Januar 1918 kaum Einfluss.

Aber der Spartakusbund verlor mit der Verhaftung von Jogiches, der sich am Streik beteiligt hatte, seinen eigentlichen Organisator. Unter dem Eindruck des militärischen Zusammenbruchs und nach der Amnestie für politische Gefangene Ende Oktober entwickelte der Spartakusbund unter dem freigelassenen Liebknecht wieder neue Aktivität. Am 9. November 1918 erschien erstmals die "Rote Fahne" als offizielles Organ des Spartakusbundes.

Doch während der Revolution 1918/19 spielten die Spartakisten keine wesentliche Rolle, selbst in den Arbeiter- und Soldatenräten konnten sie kaum Fuß fassen. Ihre Hoffnung vom 9. November 1918, durch die Proklamierung einer Räterepublik vollendete Tatsachen zu schaffen, vereitelte der Sozialdemokrat Philipp Scheidemann mit seiner spontanen Proklamation der Republik. Tags darauf bildeten je drei Vertreter der SPD und der USPD den Rat der Volksbeauftragten und versuchten, die revolutionäre Entwicklung in ruhigere Bahnen zu lenken. Demgegenüber betrachteten die Spartakisten den bisherigen Revolutionsverlauf lediglich als Revolte, der die eigentliche, sozialistische Revolution unter der Parole "Alle Macht den Räten" erst noch folgen müsse.

Auch innerhalb der USPD vertraten die Spartakisten nur eine radikale Minderheitsposition. Auf der Generalversammlung der Berliner USPD erlitten sie am 15. Dezember eine schwere Niederlage, und auch auf dem anschließenden Reichsrätekongress (16. bis 20. Dezember) konnten sie sich mit ihren politischen Forderungen gegen die Position von USPD und Revolutionären Obleuten nicht durchsetzen. Daraufhin beschloss die letzte Reichskonferenz des Spartakusbundes am 29. Dezember die Gründung einer kommunistischen Partei: Auf dem Gründungsparteitag vom 31. Dezember 1918 bis zum 1. Januar 1919 schlossen sich die Spartakisten mit anderen linksradikalen Gruppierungen zur KPD zusammen.

Burkhard Asmuss
8. Juni 2011

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