> Erster Weltkrieg

Kriegsverlauf

Die strategischen Planungen für die deutsche Kriegführung basierten auf dem Schlieffen-Plan und gingen von einem Zweifrontenkrieg gegen Frankreich und Russland aus. Die Planungen sahen eine schnelle militärische Entscheidung an der Westfront durch einen massierten Angriff und die Umfassung des französischen Heeres vor; danach sollten die zunächst an der Ostfront defensiv operierenden Truppen verstärkt werden und eine Entscheidung gegen Russland erzwingen. Durch die Konzentrierung der Truppen an jeweils einer Front sollte zugleich die zahlenmäßige Unterlegenheit der beiden Mittelmächte Deutschland und Österreich-Ungarn gegenüber den Staaten der Entente ausgeglichen werden. Zu Beginn des Krieges 1914 standen rund 3,5 Millionen Soldaten der Mittelmächte mehr als 5,7 Millionen Mann der verbündeten Ententemächte gegenüber.

    Der Kriegsverlauf 1914

    Die Kriegshandlungen begannen am 2. August 1914 ohne offizielle Kriegserklärung mit der Besetzung Luxemburgs durch deutsche Truppen. Anschließend rückte der rechte Flügel der deutschen Armee am 3./4. August in das neutrale Belgien ein. Trotz des unerwartet starken Widerstands wurde die Festung Lüttich genommen.

    Gemäß dem ebenfalls offensiv ausgerichteten französischen Aufmarschplan konzentrierten die Franzosen ihre Angriffe auf Elsaß-Lothringen. In der Schlacht bei Mülhausen (19. August) sowie in den Schlachten in den Vogesen und in Lothringen (20. bis 22. August) wurden die ersten Offensiven der französischen Armeen abgewehrt. In den großen Grenzschlachten kam die französische Offensive zum Erliegen. Die deutschen Armeen erzielten wichtige Durchbrüche. Das bei Mons geschlagene britische Expeditionskorps musste sich Richtung Kanalküste zurückziehen.

    Die große Offensive der fünf deutschen Armeen hatte am 18. August begonnen und verlief weitestgehend planmäßig. Trotz erheblicher Verluste in den verschiedenen Gefechten erreichten die deutschen Truppen am 30. August die Marne. Angesichts der wenig später nur noch 60 Kilometer vor Paris stehenden Spitzen der 1. deutschen Armee floh die französische Regierung am 3. September aus dem bedrohten Paris nach Bordeaux. Doch dem deutschen Heer gelang kein entscheidender Sieg. Die Kampfkraft der Truppen der Entente war trotz ihrer Niederlagen nicht entscheidend geschwächt.

    Vor Paris bildete der französische Befehlshaber Joseph Joffre eilends eine neue Armee und befahl den Gegenangriff auf der ganzen Linie zwischen Paris und Verdun. In dieser Schlacht an der Marne (5. bis 12. September) machte sich der Kräfteverschleiß der deutschen Offensive bemerkbar. Zudem mangelte es an den nötigen Reserven. Der deutsche Generalstabschef Helmuth von Moltke beurteilte die Lage seiner Truppen überaus skeptisch und gab den Befehl zum Rückzug. Damit war die Dynamik der deutschen Offensive gebrochen, der Schlieffen-Plan war gescheitert. An Stelle des resignierten Moltke übernahm Kriegsminister Erich von Falkenhayn am 14. September 1914 den militärischen Oberbefehl.

    Die Durchbruchsversuche der Franzosen und Engländer im Anschluss an die Marneschlacht scheiterten an der sich festigenden deutschen Front. Leichte Vorteile konnten die deutschen Truppen dann in den Kämpfen bei Verdun (22. bis 25. September) erzielen. In Belgien nahmen sie Antwerpen, Gent, Brügge und Ostende ein. Mitte Oktober befand sich Belgien fast vollständig in deutscher Hand und wurde unter Militärverwaltung gestellt.

    Beim "Wettlauf zum Meer" gelang es den deutschen Truppen aber nicht, die wichtigen Kanalhäfen an der französischen Küste zu erobern. Den deutschen Vormarsch brachte heftige Gegenwehr von Engländern und Franzosen am Yserkanal und vor Ypern zum Stehen. Doch auch den Alliierten gelang hier weder eine Umfassungsbewegung noch ein entscheidender Durchbruch. Im Westen erstarrte der Krieg zum Stellungskrieg. Von der Kanalküste bis zu den Vogesen hielten beide Seiten ihre Stellungen und bauten sie zu starken Defensivbollwerken aus. Die Erstürmung dieser verschanzten Bollwerke war nahezu unmöglich. So mähte das heftige Maschinengewehrfeuer von einer befestigten Anhöhe in der Schlacht bei Langemarck (10. November) Hunderte von jungen Kriegsfreiwilligen beim Versuch der Erstürmung nieder.

    Auch im Osten entwickelte sich das Kampfgeschehen anders als von der Obersten Heeresleitung (OHL) erwartet. Weit früher als angenommen hatte Russland seine Truppen mobilisiert. Am nördlichen Frontabschnitt standen der in Ostpreußen stationierten 8. Armee zwei russische Armeen gegenüber, und am südlichen Frontabschnitt mit dem Schwerpunkt Galizien sahen die vier österreich-ungarischen Armeen sich ebenfalls mit einem zahlenmäßig deutlich überlegenen Gegner konfrontiert.

    Die erste Schlacht im Osten verlief aus deutscher Sicht ausgesprochen negativ. Aus Furcht vor einer Umklammerung brach der Oberbefehlshaber der 8. Armee die Schlacht von Gumbinnen (19./20. August) ab und zog sich mit seinen Einheiten aus Ostpreußen hinter die Weichsel zurück. Damit war die ostpreußische Bevölkerung dem russischen Einfall preisgegeben. Die OHL missbilligte diesen Rückzug und ernannte den reaktivierten Paul von Hindenburg zum neuen Oberbefehlshaber der 8. Armee. Ihm zur Seite gestellt wurde Erich Ludendorff, der sich bei der Einnahme Lüttichs ausgezeichnet hatte. Mit zahlenmäßig unterlegenen Kräften gelang ihnen in der Schlacht bei Tannenberg (26. bis 30. August) die Einschließung der 2. russischen Armee, die vernichtend geschlagen wurde. Rund 92.000 russische Soldaten gerieten in Kriegsgefangenschaft. Zwei Wochen später wurde die 1. russische Armee in der Schlacht an den Masurischen Seen (8. bis 15. September) ebenfalls vernichtend geschlagen. Damit war die unmittelbare Gefahr für Ostpreußen zunächst beseitigt. Um Hindenburg als "Held von Tannenberg" entwickelte sich ein beispielloser Kult.

    Doch trotz dieser Erfolge im Osten entsprach die militärische Lage nicht den deutschen Planungen, die von einem schnellen Sieg über Frankreich ausgegangen waren. Aufgrund der erstarrten Fronten im Westen rückte die Nachschub- und Versorgungsfrage in den Mittelpunkt der strategischen Überlegungen.

    Obwohl die deutschen Truppen tief im Land des Gegners standen und wichtige Industriegebiete besetzt hielten, war die Lage für die Alliierten auf längere Sicht günstiger: England erklärte die von seiner Flotte kontrollierte Nordsee zum Kriegsgebiet und errichtete eine auf der Linie von den Shetland-Inseln nach Norwegen verlaufende Seeblockade gegen die Mittelmächte. Diese Fernblockade war dem Angriff der deutschen Flotte entzogen. Während die Mittelmächte von lebenswichtigen Rohstoff- und Nahrungsmittelzufuhren abgeschnitten waren, konnten die Entente-Staaten sich auf den immer stärker anwachsenden Nachschub aus den USA stützen.

    Die mit großem Propagandaaufwand und starkem antienglischem Akzent aufgerüstete deutsche Hochseeflotte blieb im gesamten Kriegsverlauf der britischen Flotte unterlegen. Sie konnte weder die Seeblockade aufheben noch konnte sie die alliierten Versorgungsverbindungen nachhaltig stören. Das einzige größere Zusammentreffen der beiden Flotten in der Seeschlacht am Skagerrak (31. Mai bis 1. Juni 1916) endete mit Verlusten für beide Seiten. Danach vermied die britische Flotte jegliche direkte Konfrontation mit größeren deutschen Verbänden. Die deutsche Flotte ihrerseits war wiederum nicht stark genug, um ihrem britischen Kontrahenten ein Gefecht aufzuzwingen. Deshalb konzentrierte sich die deutsche Seekriegsleitung im wesentlichen auf den Einsatz von Minen und U-Booten.

    Die in Übersee operierenden deutschen Flottenverbände wurden von der Entente größtenteils versenkt. Ohne Nachschub und militärischen Schutz gingen die meisten Kolonien wie Deutsch-Südwestalfrika schnell verloren. Einzig die "Schutztruppe" in Deutsch-Ostafrika leistete bis 1918 erbitterten Widerstand.

    Einziger Erfolg der deutschen Flotte blieb die Sperrung der russischen Flotte in der Ostsee. Zum Schutz vor Angriffen deutscher U-Boote führten die Alliierten jedoch bald Geleitzüge ein und bestückten zudem ihre Handelsschiffe mit Kanonen. Trotz der vielen Meldungen über die Versenkung gegnerischer Kriegs- und Handelsschiffe war die deutsche U-Boot-Flotte zu schwach, um die alliierten Nachschubverbindungen dauerhaft zu unterbrechen.

    Der Kriegsverlauf 1915

    Auch das Jahr 1915 brachte keine militärische Entscheidung, obwohl der verbissen geführte Kampf die Zahl der Gefallenen in die Millionen trieb. Die mit immer stärkerem Artilleriefeuer geführten Schlachten machten ganze Landstriche zu unbelebten, unwirtlichen Kraterlandschaften.

    Das Kriegsjahr begann mit der Winterschlacht in der Champagne (16. Februar bis 20. März), in der es den Deutschen gelang, französische Durchbruchsversuche abzuwehren. Eine kaum noch für möglich gehaltene Steigerung des qualvollen Sterbens der Soldaten brachte der Einsatz von Giftgas, das die deutsche Armee erstmals in der zweiten Schlacht bei Ypern (22. April bis 25. Mai) einsetzte. Die Zahl der gefallenen Soldaten erhöhte sich nochmals dramatisch, als im Zuge der "großen Offensive" der Franzosen die Herbstschlacht in der Champagne (22. September bis 6. November) als erste große Materialschlacht geführt wurde.

    Da die militärischen und wirtschaftlichen Kräfte der Mittelmächte einem Zweifrontenkrieg über keinen längeren Zeitraum gewachsen waren, versuchte die deutsche Kriegsleitung nun, Russland mit einem Offensivschlag niederzuwerfen. Mit der siegreichen Winterschlacht in Masuren gelang es den Deutschen, die russische Armee aus Ostpreußen zu vertreiben. Nach wechselhaften Kämpfen wehrten deutsche und österreich-ungarische Truppen in der Winterschlacht in den Karpaten (Dezember 1914 bis April 1915) einen drohenden Einfall russischer Truppen über die Karpaten nach Ungarn ab. In der anschließenden Durchbruchsschlacht von Gorlice-Tarnów (1. bis 3. Mai) gelang unter dem Generaloberst August von Mackensen ein überraschender Durchbruch durch die westgalizische Front der Russen. Nach einer Reihe weiterer Erfolge begann am 1. Juli eine große Offensive der Mittelmächte, die u.a. zur Einnahme von Warschau, Brest-Litowsk, Grodno und Wilna führte. Die deutschen Truppen drangen bis über die Pripet-Sümpfe vor. Die ebenfalls vorrückenden österreich-ungarischen Truppen wurden in Ostgalizien durch eine starke russische Gegenoffensive in der Schlacht bei Tarnopol (6. bis 19. September) gestoppt. Die anschließenden Durchbruchsversuche der Russen blieben jedoch erfolglos. Nach der Neujahrsschlacht (Mitte Dezember 1915 bis Mitte Januar 1916) erstarrte auch der Krieg im Osten immer mehr zum Stellungskrieg.

    Die neue Südfront nach dem Kriegseintritt Italiens erwies sich ebenfalls als starr. Am Isonzo nördlich von Triest standen sich italienische und österreich-ungarische Truppen auch nach zahlreichen Gefechten in fast unveränderten Positionen gegenüber. Durch den alliierten Angriff auf die Dardanellen und den Kriegseintritt Bulgariens an der Seite der Mittelmächte konzentrierte sich das Kriegsgeschehen in der zweiten Jahreshälfte 1915 zunehmend auf den Balkan. Die Mittelmächte eroberten bis Jahresende Serbien, Montenegro und Albanien und stellten so die wichtige Landverbindung zur verbündeten Türkei her. Als Reaktion darauf besetzte die Entente das bis dahin neutrale Griechenland und nahm dort die Reste der serbischen Armee auf.

    Der Kriegsverlauf 1916

    Sowohl die Mittelmächte als auch die Entente suchten 1916 erneut die Entscheidung im Westen. Der deutsche Oberbefehlshaber Falkenhayn lehnte die von Hindenburg und Ludendorff gewünschte Entscheidungsoffensive im Osten ab und baute auf einen Sieg an der französischen Front in Verbindung mit dem U-Boot-Krieg. Sein französischer Gegenspieler Joffre versprach sich den Sieg von einer großen Offensive an der Somme.

    Mit einer von enormem Artillerieeinsatz unterstützten Großoffensive begann am 22. Februar 1916 der deutsche Angriff auf die Festungsanlage von Verdun, den Eckpfeiler der französischen Front. Mit riesigem Materialeinsatz wollte Falkenhayn die Franzosen zum "Ausbluten" bringen. Doch trotz unbeschreiblich hoher Verluste hielten die größten Teile der französischen Festungsanlage unter dem Befehl von Henri Philippe Pétain den viermonatigen Angriffen stand. Beide Seiten verloren bei den Kämpfen um Verdun zusammen über 700.000 Mann.

    Durch den deutschen Angriff auf Verdun wurden dort zwar erhebliche französische Kräfte gebunden, trotzdem konnten die Alliierten 104 Divisionen in die Schlacht an der Somme (24. Juni bis 26. November) werfen. In dieser über fünf Monate lang tobenden Schlacht waren die Verluste mit mehr als 500.000 deutschen, rund 200.000 französischen und über 500.000 britischen Soldaten erheblich. Den Alliierten war jedoch nicht mehr als ein Geländegewinn von 40 Kilometern Breite und 12 Kilometern Tiefe gelungen. Der Krieg entwickelte sich zum "Abnutzungskrieg" - von Menschen und Material. Den hohen Zahlen an Verlusten standen nur kurzfristig kleine Geländegewinne gegenüber. So gingen die von den Deutschen eroberten Teile des Befestigungswerks von Verdun nach erfolgreichen französischen Angriffen zwischen dem 24. Oktober und 16. Dezember wieder verloren.

    Auch im Osten gab es 1916 trotz erheblicher Verluste an Soldaten keine Kriegsentscheidung. Im Frühjahr konnten die Mittelmächte mehrere kleinere russische Durchbruchsversuche abwehren. Mit der ersten Brussilow-Offensive (Anfang Juni bis Anfang September) zur Entlastung der Alliierten bei Verdun und an der Somme gelang den Russen nicht nur die Rückeroberung wichtiger Eisenbahnknotenpunkte in Wolhynien und Galizien, sondern sie drängten nach mehreren Durchbrüchen auch die österreich-ungarischen Truppen weit zurück. Die zweite Offensive unter General Brussilow hatte den Durchbruch nach Ungarn zum Ziel, wurde jedoch in den Karpaten abgewehrt. Auch die dritte Brussilow-Offensive (Mitte Oktober bis Mitte Dezember) zur Entlastung des rumänischen Bündnispartners blieb ohne nennenswerten Erfolg. Nach den drei Brussilow-Offensiven mit weit über einer Million Mann an Verlusten war die russische Kampfkraft erschöpft, die Truppen waren demoralisiert. Der Frontverlauf im Osten veränderte sich bis zum Ausbruch der russischen Februarrevolution nur wenig. Demgegenüber konnten die Mittelmächte bei ihrem gemeinsamen Feldzug gegen Rumänien einen erfolgreichen Bewegungskrieg führen: Am 6. Dezember 1916 wurde Bukarest erobert, bis Jahresende war der größte Teil Rumäniens mit den Erdölgebieten in der Hand der Mittelmächte.

    Zu den fragwürdigen "Kriegslisten" Ludendorffs zählte die Gründung eines unabhängigen polnischen Staats, die in der Hoffnung auf Unterstützung durch polnische Truppen am 5. November durch eine gemeinsame Proklamation des deutschen Kaisers Wilhelm II. und des österreich-ungarischen Kaisers Franz Joseph I. vollzogen wurde.

    Noch während der ersten russischen Offensive wurde der Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg am 26. August zum Chef des Generalstabs des Feldheers ernannt, der Generalleutnant Erich Ludendorff wurde erster Generalquartiermeister. Beide zusammen bildeten die 3. OHL, die im weiteren Kriegsverlauf in einem nicht unerheblichen Maß in die deutsche Innenpolitik eingriff. Die Totalität des ersten Massenkriegs schlug voll auf die "Heimatfront" durch.

    Angesichts der Erfolglosigkeit der französischen Kriegführung ging der Oberbefehl des französischen Heers von General Joffre am 3. Dezember auf Georges Robert Nivelle (1858-1924) über.

    Der Kriegsverlauf 1917

    Die militärische Entwicklung wurde 1917 durch zwei Ereignisse maßgeblich beeinflusst: Zum einen brach in Russland die Februarrevolution aus, die zu einer erheblichen Schwächung der russischen Kampfkraft führte; zum anderen verschlechterte der Kriegseintritt der Vereinigten Staaten die Aussichten der Mittelmächte auf einen militärischen Erfolg dramatisch. Unter Aufbietung aller verfügbaren Kräfte wollten die Mittelmächte nun die militärische Entscheidung noch vor dem Eintreffen der ersten amerikanischen Soldaten in Frankreich erzwingen.

    Um die eigenen Verluste bei der Abwehr gegnerischer Durchbruchsversuche möglichst gering zu halten, wurde die deutsche Front im Westen zwischen Arras und Soissons seit Ende Februar auf das befestigte Verteidigungssystem der "Siegfriedstellung" zurückgenommen. An dieser Verteidigungslinie scheiterte während der Frühjahrsoffensive ein Durchbruchsversuch der Engländer in der Schlacht bei Arras (2. April bis 20. Mai) ebenso wie die Durchbruchsversuche der Franzosen in der Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne (6. April bis 27. Mai).

    Die Erfolglosigkeit ihrer Angriffe und die extrem hohen Verluste verstärkten im französischen Heer die Unzufriedenheit und führten zu zahlreichen offenen Meutereien gegen den Oberkommandieren Nivelle, dessen rücksichtsloser Einsatz von Soldaten als "Schlachtmaterial" ihm den Namen "Blutsäufer" einbrachte. Mitte Mai wurde Nivelle von Pétain als Oberkommandierender abgelöst. Pétain setzte auf eine defensive Kriegführung und griff gegen die Meuterei hart durch. Zugleich reagierte die französische Regierung mit zahlreichen Verhaftungen auf die pazifistische und sozialistische Agitation innerhalb und außerhalb der Armee.

    Auch die anhaltenden Versuche der Engländer, den unter extrem hohen Opfern geführten Grabenkampf zu durchbrechen, scheiterten bei ihren Offensiven im Artois (28. April bis 20. Mai) sowie bei ihren Durchbruchsversuchen in Flandern (27. Mai bis 3. Dezember), die auf den deutschen U-Boot-Stützpunkt Zeebrugge zielten. Die "Technisierung des Krieges" setzte sich mit dem Einsatz von gepanzerten Fahrzeugen zur Durchbrechung der gegnerischen Stellungen fort: Als die Engländer in der Schlacht von Cambrai (20. November) erstmals ihre Tanks einsetzten, lösten sie damit bei den deutschen Fronttruppen zunächst einen Schock aus. Auf den Einsatz der Tanks reagierte die deutsche Heeresführung mit einer elastischeren Kriegführung und der taktischen Aufgabe von vorgeschobenen Stellungen.

    Während der Krieg im Westen 1917 als verbissener und opferreicher Grabenkampf geführt wurde, wirkte sich die russische Februarrevolution immer lähmender auf den Kriegsverlauf aus. Nachdem russische Druchbruchsversuche unter Brussilow nach anfänglichen Erfolgen gescheitert waren, gingen die Mittelmächte seit dem 19. Juli in Ostgalizien zur Gegenoffensive über. Fast ganz Galizien und die Bukowina wurden zurückerobert. Am 3. September fiel Riga in deutsche Hand, und im Oktober nahmen deutsche Verbände die Inseln Ösel und Dagö vor der liv- und estländischen Küste ein. Da die russische Armee kaum noch handlungsfähig war, schlug Leo D. Trotzki als Volkskommissar des Äußeren nach der Oktoberrevolution allen kriegführenden Staaten eine Friedenskonferenz vor. Während die Entente-Staaten, die sich im Vertrag zu London vom September 1914 verpflichtet hatten, keinen Separatfrieden zu schließen, Waffenstillstandsverhandlungen ablehnten, erklärten sich die Mittelmächte zu entsprechenden Verhandlungen bereit. Am 15. Dezember wurde ein Waffenstillstand zwischen Deutschland und Russland abgeschlossen, und am 22. Dezember begannen zwischen beiden Ländern die Friedensverhandlungen von Brest-Litowsk.

     

    Erfolgreich für die Mittelmächte verlief das Kriegsjahr 1917 im Süden. Nachdem den Italienern dort in der 10. und 11. Isonzoschlacht (Mai bis September) leichte Geländegewinne gelangen, konnten die Mittelmächte Ende Oktober am oberen Isonzo den Durchbruch zur Piave erzwingen, wo sie auf englische und französische Hilfstruppen stießen. Rund 275.000 Italiener gerieten in Gefangenschaft. Massendesertionen offenbarten die Kriegsmüdigkeit des italienischen Heeres.

    Der Kriegsverlauf 1918

    Schon als der mit aktiver Unterstützung der OHL aus seinem Schweizer Exil nach Russland zurückgekehrte Wladimir I. Lenin im Zuge der siegreichen Oktoberrevolution die Diktatur der Arbeiter-, Bauern- und Soldatenräte verkündete, war das Ausscheiden Russlands aus der Entente absehbar. Um das System der Räte (russisch: Sowjets) durchzusetzen und gegenrevolutionäre Kräfte niederzuwerfen, akzeptierte Lenin schließlich die Unterzeichnung des von der OHL mit diktatorischer Härte durchgesetzten Friedensvertrags von Brest-Litowsk. Mit dem am 3. März unterzeichneten Vertrag anerkannte Russland zwar die Unabhängigkeit von Finnland, Estland, Livland, Kurland, Litauen, Polen, von der Ukraine, Georgien sowie verschiedener kaukasischer Gebiete, doch um die Ausbreitung bolschewistischer Strömungen in diesen nun selbständigen Ländern zu verhindern, musste die OHL vor allem in Finnland, im Baltikum und in der Ukraine Truppen zur Niederwerfung bolschewistischer Revolutionsversuche einsetzen. So konnten trotz des Friedensvertrags mit Russland die deutschen Truppen in Frankreich nicht nennenswert verstärkt werden.

    Nach der Zusammenfassung aller verfügbaren Kräfte für den Entscheidungskampf im Westen verfügten die 200 deutschen Divisionen in Frankreich über 3,5 Millionen Soldaten und waren damit der französisch-englischen Streitmacht numerisch nahezu ebenbürtig. Um die militärische Entscheidung noch vor dem Eintreffen der amerikanischen Truppen zu erzwingen, begann am 21. März mit massiver Artillerie- und Fliegerunterstützung die deutsche Großoffensive in der Picardie mit mehr als 70 Divisionen auf einer Breite von 70 Kilometern. Ziel der Offensive war die Trennung der englischen Truppen von ihren französischen Verbündeten und deren Zurückdrängung bis an den Kanal.

    Nach erfolgreichen Durchbrüchen von 60 Kilometern Tiefe waren zwei der drei deutschen Armeen nach einer Woche so erschöpft, dass sie trotz der Gefangennahme von 90.000 Engländern die Schließung der gegnerischen Front nicht verhindern konnten. Auf deutscher Seite fehlten nicht nur frische Reservetruppen, sondern nun machten sich die mangelhafte Motorisierung der deutschen Artillerie sowie das Fehlen einer schlagkräftigen Panzerwaffe äußerst nachteilig bemerkbar.

    Auch die zweite deutsche Offensive südlich von Ypern (9. bis 29. April) brachte einen großen Geländegewinn und die Erstürmung des Kemmelbergs. Doch wiederum konnte der anfängliche Erfolg wegen fehlender Reserven nicht operativ genutzt werden. In der dritten Offensive zwischen Soissons und Reims (27. Mai bis 3. Juni) wurde der Chemin des Dames gestürmt. Die deutschen Truppen konnten über die Aisne bis an die Marne vordringen, bevor den Franzosen die Stabilisierung ihrer Front gelang. Während die vierte deutsche Offensive zwischen Montdidier und Noyon (9. bis 14. Juni) noch einen Geländegewinn und eine große Beute an gegnerischen Geschützen brachte, brach die fünfte Offensive an der Marne und in der Champagne (15. bis 17. Juli) schon kurz nach ihren äußerst geringen Anfangserfolgen zusammen.

    Am 18. Juli begann die alliierte Gegenoffensive unter General Ferdinand Foch, der angesichts der Erfolge der ersten deutschen Offensive in der Picardie zum Oberbefehlshaber aller alliierten Truppen in Frankreich und Belgien ernannt worden war. Die alliierte Gegenoffensive (18. Juli bis 3. August) zwischen Reims und Soissons wurde infolge des Eintreffens der Amerikaner mit deutlichem Übergewicht an Truppen und Material gegen einen erschöpften Gegner geführt, dem nur noch der Rückzug blieb.

    Das Ende kam mit der Schlacht bei Amiens (8. bis 11. August). Hier setzten die Alliierten 450 Tanks ein, mit denen ihnen am 8. August ein so tiefer Durchbruch gelang, dass Ludendorff vom "schwarzen Tag des deutschen Heeres" sprach. Die deutsche Widerstandskraft war gebrochen.

    Unter pausenlosen Angriffen der Alliierten wurden die deutschen Truppen Anfang September in ihre Ausgangsstellungen zurückverlegt. Ohne über eigene Tanks zu verfügen, war an eine weitere deutsche Offensive nicht zu denken. Gewinnen konnten die Mittelmächte den Krieg nicht mehr. Aber sie hielten ihre Stellungen bis November gegen einen immer stärker werdenden Gegner. Nur das flandrische Küstengebiet fiel Mitte Oktober an die Engländer.

    Am 11. November fand die Unterzeichnung des Waffenstillstands statt. Noch am selben Tag schwiegen die Waffen.

    Burkhard Asmuss, Manfred Wichmann
    8. Juni 2011

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