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    Die Zeitschrift "Die Woche" zum Spanischen Bürgerkrieg, 1939

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Die deutsch-spanischen Beziehungen 1936 bis 1945

Mit der Revolte rechtsgerichteter Militärs unter Führung von General Francisco Franco gegen die demokratisch gewählte Mitte-Links-Regierung der Spanischen Republik am 18. Juli 1936 gewann Spanien schlagartig eine Bedeutung für Adolf Hitlers Außenpolitik, die es zuvor nicht gehabt hatte. Beide, Franco und Hitler, waren Gegner von Demokratie und Arbeiterbewegung. Spanien wurde zum Exerzierfeld für neue deutsche Waffen und Taktiken. Die Bombardierung der Stadt Guernica im Baskenland durch die „Legion Condor“ ist das bekannteste Beispiel. Insgesamt entsandte Hitler etwa 10.000 Soldaten und Techniker.

Auch das „Andere Deutschland“, die Gegner Hitlers im Deutschen Reich und im Exil, richtete ab Juli 1936 seine Augen auf Spanien. Der Bürgerkrieg war für sie eine Entscheidungsschlacht zwischen Antifaschismus und Faschismus. Deshalb meldeten sich rund 5000 Deutsche freiwillig zum Kampf in den Internationalen Brigaden an der Seite der republikanischen Armee.

Als im Herbst 1938 Deutschland der Tschechoslowakei mit Krieg drohte, erklärte sich Franco-Spanien für neutral. Beim Überfall Deutschlands auf Polen am 1. September 1939 bekräftigte Franco, der wenige Monate zuvor den Bürgerkrieg gewonnen hatte und nun das ganze Land diktatorisch regierte, öffentlich diese Haltung. Dass er dennoch auf der Seite der Diktaturen in Deutschland und Italien stand, zeigte Franco im März 1939 durch den Beitritt zum Antikominternpakt. Im September erklärte Spaniens Außenminister dem deutschen Botschafter in Madrid vertraulich, man werde sich nur nach außen hin neutral verhalten, tatsächlich aber Deutschland unterstützen.

Nach dem Überfall auf Frankreich, der Deutschland zum „Nachbarn“ Spaniens machte, sah Franco die Chance gekommen, am scheinbar bevorstehenden Triumph Hitlers partizipieren zu können. Die Neutralität gab der Diktator nun auch offiziell auf und erklärte Spanien zu einer nichtkriegführenden Kraft – ein Zustand, den das Völkerrecht nicht kennt. Durch einen Gesandten ließ Franco Mitte Juni 1940 Hitler den Wunsch nach Kriegseintritt übermitteln.

Das einzige Treffen von Franco und Hitler

An der Seite Deutschlands zu kämpfen konnte Spanien jedoch nur dann wagen, wenn Hitler zu umfangreichen Hilfen für das vom Bürgerkrieg ruinierte Land bereit war. An dieser Bereitschaft fehlte es aber im Sommer 1940, der potentielle Verbündete erschien eher als Belastung denn als Verstärkung. Zudem verlangte Franco die Übergabe bisher französischer Kolonien in Afrika, was die Beziehungen Deutschlands zu Vichy-Frankreich schwer belastet hätte. Am 23. Oktober 1940 kam es in der französischen Grenzstadt Hendaye zum einzigen Treffen von Franco mit Hitler. Franco bekräftigte, Deutschland militärisch zur Seite stehen zu wollen, Hitler wollte sich noch nicht festlegen. Am Ende stand die Ankündigung, Spanien werde zu einem Zeitpunkt in den Krieg eintreten, der mit Deutschland und Italien abzustimmen sei. Entgegen der spanischen Selbstdarstellung nach 1945 lag es an Hitler, dass das Land zu diesem Zeitpunkt nicht in den Zweiten Weltkrieg eintrat, nicht an Franco.

Spanien blieb für das nationalsozialistische Deutschland von großer strategischer Bedeutung. Von hier aus ließen sich die Biskaya und der Ärmelkanal leichter kontrollieren, wichtig für eine eventuelle Invasion Großbritanniens. Gibraltar ganz im Süden der Iberischen Halbinsel war ein Schlüssel zum Mittelmeer, weshalb Deutschland und Spanien immer wieder Pläne zur Besetzung des Felsens schmiedeten. Für die Versorgung deutscher Schiffe und U-Boote waren die spanischen Häfen zentral, deutsche Flugzeuge durften landen. Und das Land lieferte Wolfram an Deutschland, ein Metall, das zur Härtung von Geschossen essentiell ist.

Ab 1941 rückte Franco von seiner bisherigen Position ab. Die Versorgungslage im Land gestaltete sich immer schwieriger, das Land konnte keinen erneuten Waffengang ertragen. Für kurze Zeit wechselten die Rollen, Berlin drängte Anfang 1941 darauf, dass Spanien durch eine Besetzung von Gibraltar Deutschland, das die Luftschlacht um England verloren hatte, zu Hilfe komme.

Dennoch entsandte Spanien unmittelbar nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 etwa 20.000 Soldaten als sogenannte „Blaue Division“ an die Ostfront. Zudem stellte Spanien 100.000 Arbeiter für die deutsche Kriegswirtschaft zur Verfügung.

In der Folgezeit führten die militärischen Rückschläge der deutschen Wehrmacht und die Abhängigkeit Spaniens von Öl- und Weizenlieferungen über den Atlantik, den die USA und Großbritannien kontrollierten, Franco und seine Regierung immer mehr zu einer Politik des Lavierens zwischen beiden Seiten. Aber immer dann, wenn sich eine Gelegenheit ergab, unterstützte Franco weiterhin Deutschland, so durch anhaltende Lieferungen von Wolfram, obwohl er den Alliierten zugesagt hatte, diesen Export zu stoppen.

Spanische Jüdinnen und Juden

Ab Anfang 1943 musste die spanische Regierung erklären, wie sie zum deutschen Massenmord an den Jüdinnen und Juden stand. Den Rassenantisemitismus der Nationalsozialisten teilte kaum ein Anhänger Francos, auch nicht der Diktator persönlich. Andererseits waren sie glühende Anhänger eines katholisch inspirierten Antijudaismus. Im Januar/Februar 1943 stellte Deutschland Spanien ein Ultimatum, entweder die Jüdinnen und Juden, die die spanische Staatsbürgerschaft besaßen und im deutschen Machtgebiet lebten, umgehend zu repatriieren oder ihre Einbeziehung in die allgemeinen Judenmaßnahmen, wie es euphemistisch hieß, zu tolerieren.

Anfänglich wollte Franco die etwa 3000 Betroffenen durch Untätigkeit preisgeben. Erst auf Drängen des deutschen Außenministeriums, das eine eindeutige Antwort forderte, erklärte sich Spanien zur Aufnahme eines kleineren Teils bereit. Dabei legten die spanischen Stellen schärfere Kriterien zur Überprüfung der Staatsbürgerschaft an als das deutsche Reichssicherheitshauptamt. Spanien hätte mehr Jüdinnen und Juden retten können, als es tatsächlich tat. Was Madrid Berlin verschwieg, war, dass die nicht ganz 900 repatriierten Jüdinnen und Juden trotz ihrer anerkannten Staatsbürgerschaft nicht im Land bleiben durften, sondern in alliierte Flüchtlingslager in Nordafrika weitergeschickt wurden.

Umgang mit Flüchtlingen

Flüchtlinge ließ die Franco-Diktatur in vielen Fällen ungehindert das Land von Frankreich nach Portugal durchqueren. Einzige Bedingung war, dass sie nicht in Spanien blieben. Nach Rasse oder Religion fragte man an der Grenze selten. Deshalb konnten sich auch zwischen 20.000 und 35.000 jüdische Flüchtlinge auf diesem Weg in Sicherheit bringen. Entscheidend für diese Haltung Spaniens war seine geografische Lage; die Regierung konnte sicher sein, dass so gut wie alle Flüchtlinge in das neutrale Portugal weiterreisen würden.

Die Wende des Zweiten Weltkriegs zugunsten der Alliierten durch die Landung in Nordafrika Ende 1942 und den Sieg in Stalingrad im Februar 1943 führte auch Spanien zu einem allmählichen Kurswechsel. Langsam ging das Land zu einer tatsächlichen Äquidistanz über. Weiterhin hielt Franco den Krieg gegen die kommunistische Sowjetunion für erforderlich, aber zwischen den westlichen Alliierten und Deutschland versuchte er im Frühjahr einen Friedensschluss zu vermitteln, damit man dann gemeinsam gegen die Sowjetunion zu Felde ziehe. Darauf ließ sich aber keine der beiden Seiten ein.

Kriegsende

Im September 1943 zog Spanien die Die „Blaue Division“ von der Ostfront zurück, um die Beziehungen zu den Alliierten zu verbessern, im Oktober beschrieb Franco erstmals wieder Spanien als neutral. Aber weiterhin lieferte das Land kriegswichtige Güter an Deutschland und ließ dessen Spione ungehindert agieren, die von hier aus den Funk- und Schiffsverkehr der Alliierten zu überwachen versuchten. Bei Kriegsende im Mai 1945 stand Spanien aufgrund seiner engen Beziehungen zum nationalsozialistischen Deutschland international isoliert da. Aber einen Sturz des Diktators betrieben weder die USA noch Großbritannien – zu unsicher war, was auf ihn folgen würde, womöglich eine kommunistische Regierung. So überstand Franco als einziger der Hitler-Verbündeten dessen totale Niederlage.

Bernd Rother
2. März 2023

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