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    Das Gemälde "Granitbrüche Flossenbürg" des NSDAP-Mitglieds Erich Mercker kam 1941 in die Große Deutsche Kunstausstellung in München

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Das KZ Flossenbürg

Wenige Wochen nach dem "Anschluss" Österreichs wurde Anfang Mai 1938 in Nordbayern nahe der tschechischen Grenze das Konzentrationslager (KZ) Flossenbürg eröffnet. Das nahegelegene Steinbruchgelände mit Granitvorkommen und die Abgeschiedenheit des Oberpfälzer Waldes boten der Führung der Schutzstaffel (SS) die Möglichkeit, die Häftlinge fast unbemerkt von ihrer Umgebung zur Zwangsarbeit einzusetzen. Die ersten Insassen wurden aus den KZ Dachau, Buchenwald und Sachsenhausen nach Flossenbürg überstellt. Sie waren 1937 und 1938 im Rahmen der sogenannten vorbeugenden Verbrechensbekämpfung als "Berufs- und Gewohnheitsverbrecher", "Gemeingefährliche", "Arbeitsscheue", "Asoziale" sowie durch Sonderaktionen der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) in die Konzentrationslager eingeliefert worden. Im September 1939 wurden 981 vorwiegend politische Häftlinge des KZ Dachau wegen der vorübergehenden Schließung des Lagers nach Flossenbürg gebracht.

 

Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs kamen erstmals ausländische Häftlinge aus Tschechien und Polen nach Flossenbürg. Im September 1941 lieferte die SS etwa 2.000 sowjetische Kriegsgefangene in das Lager ein, die aufgrund des "Kommissarbefehls" vom 6. Juni 1941 als "Intelligenzler" oder politische Kommissare der Roten Armee von der Wehrmacht zur Exekution überstellt worden waren. Im Zuge dieser "Sonderbehandlung" wurden die meisten von ihnen in Flossenbürg ermordet. Ab 1943 befanden sich überwiegend Gefangene aus Frankreich, Belgien und Holland in Flossenbürg, die wegen Widerstands gegen die deutsche Besatzungsmacht festgenommen worden waren.

Die Insassen des KZ Flossenbürg leisteten anfangs hauptsächlich beim Aufbau des Lagers sowie in den nahegelegenen Granitsteinbrüchen des SS-eigenen Wirtschaftsunternehmens "Deutsche Erd-und Stein Werke GmbH" (DESt) Zwangsarbeit. Ab 1942/43 wurden die Häftlinge zur Kriegsproduktion in den Produktionsanlagen des Rüstungsbetriebs Messerschmitt sowie den Industriebetrieben von Flick, Siemens, Osram und Junkers herangezogen. Im Laufe der Zeit ließ die SS über 100 Außenlager des Stammlagers Flossenbürg errichten, die sich über Bayern, Böhmen und Sachsen erstreckten. Zur Intensivierung der Kriegswirtschaft wurden ab Ende 1944 Tausende von jüdischen Häftlingen aus Konzentrations- und Vernichtungslagern im Osten zur Zwangsarbeit nach Flossenbürg transportiert.

Als die SS die KZ Auschwitz und Groß-Rosen mit dem Vordringen der sowjetischen Truppen 1944/45 räumte, wurde Flossenbürg aufgrund seiner geographischen Lage Auffangstation für Tausende von Häftlingen. Durch die nun ausbrechenden Typhusepidemien stieg die Sterblichkeitsrate derart an, dass das Krematorium zur Einäscherung der Toten nicht mehr ausreichte und die Leichen im Freien verbrannt werden mussten. Aufgrund des Vormarsches der alliierten Truppen wurden am 9. April 1945 sieben Beteiligte des missglückten Attentats vom 20. Juli 1944 in Flossenbürg hingerichtet. Unter ihnen befanden sich Wilhelm Canaris, Hans Oster und Dietrich Bonhoeffer. Eine Woche später trieben die SS-Wachmannschaften über 10.000 Häftlinge des KZ Flossenbürg auf einen "Todesmarsch" in Richtung Süden, um sie nicht in die Hände der Alliierten fallen zu lassen. Rund 7.000 Menschen kamen bei diesem Marsch ums Leben. Am 23. April 1945 befreite die US-Armee 1.527 im Hauptlager verbliebene Insassen. Zwischen 1938 und 1945 waren etwa 100.000 Häftlinge aus über 30 Nationen in Flossenbürg inhaftiert, von denen mindestens 30.000 gestorben sind.

Ab Juli 1945 wurde auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Flossenbürg von der amerikanischen Militärregierung ein Internierungslager für deutsche Kriegsgefangene - größtenteils ehemalige Angehörige der Waffen-SS - eingerichtet. Von April 1946 bis Ende der 50er Jahre dienten Teile des Lagers zur Unterbringung von nichtjüdischen polnischen "Displaced Persons". Auf ihre Initiative wurde 1946 eine Denkmalsanlage in Flossenbürg gestaltet, die 1957 unter anderem durch die Anlegung eines großen Ehrenfriedhofs erweitert wurde. Heute befinden sich in der "KZ-Gedenkstätte Flossenbürg" eine Dauerausstellung sowie ein Informationszentrum.

Jenny Oertle
15. Mai 2015

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